Tadschikistans Verteidigungsministerium meldet vorzeitige Erfüllung der Frühjahrsrekrutierung. Doch hinter den Zahlen stehen Fragen zu Objekten wie Zwangsrekrutierung, Intransparenz und Vertrauensverlust.
Das Verteidigungsministerium Tadschikistans hat bekannt gegeben, dass der Plan zur Frühjahrsrekrutierung bereits einen Monat vor dem offiziellen Ende der Kampagne zu 100 % erfüllt wurde. Als Gründe wurden erfolgreiche Aufklärung, enge Zusammenarbeit mit der Bevölkerung und das wachsende Verantwortungsbewusstsein der Familien genannt.
Doch hinter den offiziellen Zahlen stehen alte Probleme: Wie freiwillig verlief der Dienstantritt – und wie legal waren die Methoden?
Fakten und Fristen
- Rekrutierungszeitraum: 1. April bis 31. Mai
- Alter der Einberufenen: 18–27 Jahre (Geburtsjahre 1998–2007)
- Nach nur 10 Tagen: bereits 80 % des Plans erfüllt
- Bis Anfang Mai: 100 % erreicht
Mit Einführung des neuen Wehrpflichtgesetzes im Jahr 2024 ist die ganzjährige Einberufung rechtlich möglich. Viele Beobachter sehen hierin den Grund, warum der Frühjahrsplan bereits zu Beginn der eigentlichen Kampagne erfüllt erscheint.
Zwangsrekrutierung: Dauerhafte Schattenseite
Trotz offizieller Erfolgsmeldungen wird in sozialen Netzwerken jährlich über sogenannte „Oblawa“ (Zwangsrekrutierung) berichtet – Fälle, in denen junge Männer ohne Vorladung auf der Straße, an Märkten oder sogar vor ihren Häusern festgenommen und zum Wehrdienst gebracht werden.
Diese Praxis, die von vielen als rechtswidrig kritisiert wird, wurde von den Behörden bislang kaum untersucht oder verhindert.
Hinzu kommen bekannte Probleme wie:
- Misshandlungen und Hierarchien (Dedowschtschina)
- mangelhafte medizinische und hygienische Versorgung
- Fälle von Todesfällen und psychischer Gewalt in den Kasernen
Solche Zustände treiben viele junge Tadschiken entweder in den Untergrund oder in die Arbeitsmigration ins Ausland.
Zivilgesellschaft fordert Klarheit
Menschenrechtsorganisationen und Aktivisten fordern seit Jahren:
- ein Ende der „Oblawa“ und transparente Verfahren
- öffentliche Statistiken, die freiwillige und unfreiwillige Einberufungen trennen
- verbesserte Lebensbedingungen in der Armee
- unabhängige Kontrolle über Kasernen und Kommissariate
Solange diese Forderungen ignoriert werden, bleibt das Vertrauen in die Wehrpflicht gering – ganz gleich, wie früh der Plan erfüllt wird.
Das Verteidigungsministerium meldet Erfolg – doch Vertrauen lässt sich nicht mit Prozentzahlen ersetzen. Der Dienst in der Armee ist eine Pflicht, doch es ist die Pflicht des Staates, diesen Dienst menschenwürdig und gerecht zu gestalten. Bis dahin bleiben viele junge Menschen nicht stolz, sondern verängstigt – und die Erfolgsmeldungen nur Zahlen auf dem Papier.