In der Nacht vom 14. auf den 15. Mai wurden neun Bewohner des Dorfes Khonaobod in der Gemeinde Dahana von den Sicherheitsbehörden der Stadt Kulob festgenommen. Laut Angaben ihrer Angehörigen wirft man ihnen „Extremismus“ sowie angebliche Geldüberweisungen an einen im Ausland lebenden Kritiker der tadschikischen Regierung vor.
Wie Radio Ozodi am 16. Mai berichtete, wurde zunächst eine Gruppe von zehn Personen festgenommen, von denen jedoch eine Person am nächsten Tag freigelassen wurde. Dieser soll laut Angehörigen die übrigen Familien informiert haben, dass sich ihre Verwandten im Untersuchungsgefängnis des Innenministeriums von Kulob befinden.
Bislang haben die Behörden keine offizielle Stellungnahme zu den Festnahmen abgegeben.
Hintergrund der Vorwürfe
Die Vorwürfe richten sich auf eine mutmaßliche Verbindung zu Muhammadikboli Sadriddin, einem im Exil lebenden Blogger und scharfen Kritiker der tadschikischen Regierung. Gegen ihn läuft in Tadschikistan ein Strafverfahren wegen angeblichen islamischen Extremismus, und seine Online-Präsenz wurde vom Obersten Gericht als extremistisch eingestuft.
In einem Telefonat mit Radio Ozodi wies Sadriddin alle Anschuldigungen zurück und erklärte, dass seit 2023 weder er noch seine Plattform „Isloh.net“ über ein Bankkonto verfügen. Er bezeichnete die Vorwürfe als konstruiert und warf den Behörden vor, seinen Namen als Vorwand für politisch motivierte Repressionen zu nutzen.
Rechte der Festgenommenen und rechtliche Bedenken
Den Angehörigen der Inhaftierten liegen bislang keine Informationen über ihren Zustand oder die Haftbedingungen vor, auch sei der Zugang zu rechtlicher Hilfe stark eingeschränkt.
Nach tadschikischem Recht haben Festgenommene:
- das Recht auf sofortigen Zugang zu einem Anwalt,
- Anspruch auf Information der Familie über ihren Aufenthaltsort,
- das Recht, innerhalb von 72 Stunden offiziell beschuldigt oder freigelassen zu werden.
Verstöße gegen diese Standards – wie geheime Inhaftierung, Verweigerung anwaltlicher Unterstützung oder psychischer Druck – verstoßen gegen die Verfassung und internationale Menschenrechtsnormen.
Nicht der erste Fall
In den letzten Jahren wurden in Tadschikistan wiederholt Bürger wegen Kontaktaufnahme, Nachrichtenaustausch oder Zusammenarbeit mit Exil-Oppositionellen strafrechtlich verfolgt. In manchen Fällen genügte bereits ein Chat-Kontakt oder das Weiterleiten von Informationen.
Die Festnahme von neun Personen unter fragwürdigen Umständen, ohne öffentliche Anklage oder Transparenz, wirft ernsthafte Fragen zur Rechtsstaatlichkeit und möglichen politischen Motivation der Behörden auf.
TajNews wird weitere offizielle Erklärungen veröffentlichen, sobald diese vorliegen.