Die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die Regierung Tadschikistans in ihrem neuen Jahresbericht scharf kritisiert. Anlass sind zunehmende Repressionen gegen Regierungskritiker, die Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, willkürliche Festnahmen sowie intransparente und ungerechte Gerichtsprozesse. Der Bericht wurde am 28. April 2025 veröffentlicht und bezieht sich auf Entwicklungen im Jahr 2024.
Tadschikistan auf einer Stufe mit Afghanistan und Belarus
Laut Amnesty setzte sich im vergangenen Jahr die Verfolgung von Oppositionellen, Aktivisten und unabhängigen Journalisten fort – auch im Ausland. Frauen und ethnische Minderheiten wie die Pamiri wurden weiterhin diskriminiert. Häusliche Gewalt, Folter und unmenschliche Behandlung blieben laut Bericht weit verbreitet.
Amnesty International reiht Tadschikistan deshalb neben Ländern wie Afghanistan (unter der Taliban-Herrschaft), Bangladesch, Belarus, Pakistan, Äthiopien und Uganda ein – allesamt Staaten mit autoritären Strukturen und schwachen Menschenrechtsgarantien.
Konkrete Beispiele für Verfolgung und Inhaftierung
Belegt wird dies unter anderem durch den Fall des Asylsuchenden Bilol Kurbonalijew, der 2023 aus Deutschland abgeschoben und in Tadschikistan zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde – wegen seiner angeblichen Mitgliedschaft in der verbotenen Oppositionsgruppe „Gruppe 24“.
Ein weiteres Beispiel ist Sulaimon Dschobirov, der im April 2024 aus Russland zwangsweise zurückgeführt und im August zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Seine Familie bestreitet jede politische Aktivität und betont, dass er in Samara lediglich als Arbeitsmigrant gelebt habe.
Ebenfalls erwähnt wird die Verhaftung einer Gruppe von neun Personen – darunter Journalisten, ehemalige Beamte und Politiker –, die wegen angeblicher Putschversuche zu Haftstrafen zwischen 8 und 27 Jahren verurteilt wurden. Die Betroffenen bestreiten die Vorwürfe.
Druck auch auf Verwandte von Kritikern
Amnesty betont, dass sich die staatliche Repression nicht nur gegen Aktivisten selbst richtet, sondern auch gegen deren Angehörige. So wurde im Februar 2024 die Mutter der Exiljournalistin Anora Sarkorowa von Sicherheitsbehörden vorgeladen und mit der Aussage konfrontiert, ihre Tochter und ihr Schwiegersohn könnten begnadigt werden – aber nur, wenn sie freiwillig zurückkehren und um Verzeihung bitten.
Weitere Fälle, wie die fünfjährige Haftstrafe gegen Schahbos Scharifbek wegen eines Videos über Misshandlungen im Wehrdienst oder die Verhaftung von Ahmad Ibrohim, Chefredakteur der Zeitung „Payk“, wegen angeblicher Bestechung, werden ebenfalls erwähnt.
Folter, Straflosigkeit und Druck auf Minderheiten
Trotz sinkender Zahlen offizieller Beschwerden dokumentiert Amnesty weiterhin Folter und Misshandlungen in Gefängnissen. Der Rückgang der Meldungen sei auf Angst und mangelndes Vertrauen in die Justiz zurückzuführen.
Besonders besorgniserregend sei laut Bericht die Lage der Pamiri-Minderheit. In der autonomen Region Gorno-Badachschan wurden bis Februar 2024 mindestens 222 Personen wegen ihrer Teilnahme an Protesten in den Jahren 2021–2022 in geschlossenen Verfahren verurteilt.
Wirtschaftskrise und soziale Probleme verschärfen die Lage
Amnesty kritisiert außerdem die sich verschlechternde wirtschaftliche Lage, insbesondere die Situation der tadschikischen Arbeitsmigranten in Russland, die für viele Familien überlebenswichtig sind. Die Organisation weist auf Kinderernährungsmängel und zunehmende Luftverschmutzung in Duschanbe hin, trotz Regierungsversuchen, mit mehr Elektrofahrzeugen gegenzusteuern.
Ein Lichtblick: Verbesserung der Beziehungen zu Kirgisistan
Positiv hervorgehoben wird lediglich die Entspannung der Beziehungen zwischen Tadschikistan und Kirgisistan. Nach jahrelangen Grenzkonflikten mit dutzenden Toten auf beiden Seiten gelang 2024 ein diplomatischer Durchbruch.
Der neue Amnesty-Bericht zeigt erneut, wie angespannt die Menschenrechtslage in Tadschikistan ist. Trotz des äußeren Bildes von Stabilität setzt die Regierung auf Repression, Kontrolle und das systematische Ausschalten kritischer Stimmen. Offen bleibt, ob die internationale Gemeinschaft diesmal reagiert – oder wie so oft schweigt.